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Worum ging es in der Klage?

Die Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH (BEV) erregte mit preisgünstigen Strom- und Gaslieferverträgen die Aufmerksamkeit vieler Verbraucher. Vor allem auf Vergleichsportalen im Internet stachen diese Angebote hervor. Mit der Ankündigung eines bis zu 25-prozentigen Neukundenbonus gewann die BEV eine sechsstellige Zahl an Kunden:innen. Es dauerte nicht lange, bis diese die Kehrseite dieser attraktiven Konditionen zu spüren bekamen: Zunächst versuchte die BEV die Preise nach Vertragsschluss zu erhöhen, im Januar 2019 folgte der Insolvenzantrag und die Belieferung wurde eingestellt. Die Betroffenen fielen in die erheblich teurere Ersatzversorgung. Der Insolvenzverwalter verweigerte ihnen außerdem den Neukundenbonus.

Dagegen klagte der vzbv. Er ist der Meinung, dass der Bonus unabhängig davon zu gewähren ist, ob Betroffene ein Jahr lang beliefert wurden. Dies gelte umso mehr, weil es allein in der Verantwortung des Unternehmens lag, dass der Vertrag nicht erfüllt werden konnte. Die Verrechnung des Neukundenbonus mit einer Forderung aus der Endabrechnung funktioniert auch in der Insolvenz.

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Wie hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden?

Bereits das OLG München hat der Musterfeststellungsklage des vzbv in vollem Umfang stattgegeben. Es hat also entschieden, dass der Insolvenzverwalter Betroffenen den Neukundenbonus nicht allein deshalb vorenthalten darf, weil sie kein volles Jahr lang beliefert wurden. Es hat außerdem geurteilt, dass der Neukundenbonus von der Nachforderung des Insolvenzverwalters abzuziehen ist. Das Urteil des OLG im Volltext finden Sie hier.

Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof am 27. Juli 2023 bestätigt und die Revision des Insolvenzverwalters zurückgewiesen. Damit ist das Urteil des OLG rechtskräftig. Nach Auffassung des BGH beschränke sich die Gewährung des Neukundenbonus nicht auf eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr. Vielmehr werde der Neukundenbonus neben dem Grund- und dem Arbeitspreis mit einem Anteil vom Jahresumsatz im Sinne eines laufzeitunabhängigen, einmaligen Rabatts aufgeführt. Daher handele es sich nicht um eine eigenständige Forderung, sondern nur um einen im Rahmen der Jahresverbrauchsabrechnung abzusetzenden Rechnungsposten. Die Berücksichtigung des Rabatts stelle deswegen keine insolvenzrechtlich unzulässige Aufrechnung oder Verrechnung dar.

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Was bedeutet das Urteil für die teilnehmenden Verbraucher:innen?

Für alle Betroffenen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, steht jetzt verbindlich fest, dass der Insolvenzverwalter den Neukundenbonus nicht deshalb verweigern darf, weil die Betroffenen insolvenzbedingt kürzer als ein Jahr beliefert wurden. Außerdem hat der BGH festgestellt, dass der Insolvenzverwalter den Neukundenbonus von seiner Forderung abzuziehen hat.

Der Insolvenzverwalter hat sich an das BGH-Urteil zu halten. Er muss bereits erstellte Rechnungen korrigieren. Im Ergebnis bedeutet das, dass die Verbraucher:innen entweder weniger oder vielleicht sogar gar nichts zahlen müssen. Sollte der Insolvenzverwalter trotzdem versuchen, die Forderungen gegen Teilnehmer:innen der Musterfeststellungsklage gerichtlich durchzusetzen, wäre das damit befasste Gericht an das Ergebnis der Musterfeststellungsklage und damit an die positiven Urteile des OLG München und des BGH gebunden.

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Bekomme ich vom Insolvenzverwalter jetzt den Neukundenbonus ausgezahlt?

Der Insolvenzverwalter hat angekündigt das Urteil umzusetzen und inzwischen auf der Website bev-inso.de Informationen dazu veröffentlicht, wie dies geschehen soll. Sie finden sich insbesondere in den "Fragen und Antworten", dort unter "Allgemeine Informationen zum Insolvenzverfahren/ Welche Konsequenzen hat das vom Bundesgerichtshof (BGH) am 27.07.2023 getroffene Urteil?".

Verbraucher sollen ihre Anforderungen an die E-Mail-Adresse bev@mhbk.de richten.

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Ich habe an der Klage nicht teilgenommen. Kann ich trotzdem vom Urteil des BGH profitieren?

Gesetzlich bindend ist das Urteil des BGH nur für die Verbraucher:innen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben.
Dennoch nehmen untere Gerichte in der Regel das BGH-Urteil als Maßstab, selbst wenn keine gesetzliche Bindung vorgeschrieben ist. Somit können Sie sich gegenüber dem Insolvenzverwalter auf das Urteil berufen, selbst wenn Sie sich nicht der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben.